Koh Lanta, "Tha-ai-ai-land"
- Louis Heinis
- 30. Apr. 2024
- 7 Min. Lesezeit
Hallo Koh Lanta. Wir buchten zwei Bungalows im Lanta Sea House, welches wir nach zweieinhalb Stunden Fahrtzeit erreichten. Eine schöne Anlage, welche nur 10 Fahrminuten von der Autofähre entfernt ist. Besonders für die Kinder war es hier optimal. Der Pool ist groß und es gab immer andere Kinder zum Spielen. Mit dem Strand vor der Haustüre ließ es sich wunderbar leben. Das Personal war sehr freundlich. Wir fühlten uns sofort wohl. Wir hatten die nächsten Tage kein Programm und genossen die Zeit in der Anlage. Es war jedoch sehr heiß.
Die Kinder freuten sich morgens zu den Tanten & Nene herüberzugehen und generell einfach mit Ihnen zu spielen und die Zeit zu verbringen.
Außerhalb der Hotelanlage fand man diverse Restaurants, Supermärkte und alles, was man brauchte. Wir mieteten für jeweils 7 € pro Tag drei Roller und waren somit mobil. Die meiste Zeit jedoch verbrachten wir am Pool. Die Kinder übten bzw. verbesserten ihre Schwimmkünste und lernten zu tauchen. Wir genossen spektakuläre Sonnenuntergänge. Es war schön.
Am dritten Tag saßen wir beim Frühstück, als sich Luan aus dem Nichts übergeben musste. Willkommen in Thailand. Das Frühstück war beendet. Ich schnappte mir das Kind und fuhr in die nächste Klinik. Luan hatte wohl einen Infekt aufgeschnappt. Der Arzt verordnete eine neue Antibiotika-Kur. Schon wieder. Nach einer netten Unterhaltung legte mir der Doc nahe, meine Bedenken einer erneuten Antibiotikaeinnahme zu vergessen. Wir sind in Thailand, nicht in Europa, meinte er. Einen einfachen Piks in die Fingerkuppe, um das Blut zu checken, gäbe es nicht. Wir müssten Blut abnehmen. Das würde er ihm ungern antun. Recht hat der Mann. Her mit dem Antibiotikum. Wir fuhren zurück ins Hotel. Dort angekommen, beklagte sich Enaila weinend über Schmerzen. Erneut. Sie konnte seit drei Tagen nicht auf die Toilette. Was ich in der Apotheke geholt habe, half ihr auch nicht. Und die vielen Früchte verhalfen auch nicht wie geplant zur Linderung. Nun gut. Dann schnappte ich mir sie und ging erneut zu dem netten Arzt, in der First Lanta Klinik. Vielleicht gibt es dieses Mal einen Familienrabatt.
Ich ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ich der nächste war, der bald dort auf dem Barren lag. So ein Familienrabatt war also gar nicht so abwegig.
Die Kinder waren am nächsten Tag wieder fit. Pünktlich zu Luan's Geburtstag. Fünf Jahre alt ist unser großer Junge jetzt schon. Wahnsinnig, wie die Zeit vergeht.
Happy Birthday, mein Freund! Wir lieben dich über alles auf dieser Welt und sind wahnsinnig stolz auf dich!
Ein freudiger Anlass. Oder doch nicht? Geschenke technisch fiel das Ganze dieses Jahr etwas bescheidener aus. Es gab zwei Pokémon Malbücher, Sammelkarten, neue Malstifte und einen Pokémon Hut. Wir können schließlich nicht mehr mitnehmen und Tonnen von Spielzeug durch die Welt tragen. Die Kindergeburtstage haben wir bislang immer ausgiebig gefeiert. Sie durften sich eine schöne Torte aussuchen. Dieses Mal war jedoch alles anders. Mit seinen Freunden hat er Ende Januar vorgefeiert. So eine Art Abschieds-/Geburtstagsparty. Das war ihm sehr wichtig und wir wollten ihm dies noch ermöglichen. Trotzdem, dass Tante Mela & Tante Edina mit Nene zu Besuch waren und seinen großen Tag mit ihm verbrachten und er einen zufriedenen und glücklichen Eindruck machte und wir mit seinen Freunden schon im Januar gefeiert haben, hatte ich zum aller, aller, ersten Mal ein schlechtes Gewissen. Als hätte ich versagt.
Was machen wir da nur? Wir reißen unsere Kinder aus dem gewohnten Umfeld, lassen alles zurück und überreichen neuerdings das Geburtstagsgeschenk in einer Plastiktüte am anderen Ende der Welt. Keine Karte, kein Geschenkpapier, kein Kuchen, keine Freunde.
Luan hatte sich im Kindergarten etabliert und ging mittlerweile sehr gerne. Ihm das zu nehmen, nach den anfänglichen Problemen, ist wohl nicht fair. Auch Enaila durfte schon Probeschnuppern und wäre eigentlich bereit gewesen, den Kindergarten zu übernehmen (glaubt mir, das meine ich genauso). Sie wollte jeden Tag mit ihrem Bruder mitgehen und war jedes Mal traurig und enttäuscht, weil sie nicht durfte (Kindergartenplatz in Deutschland ist ein spannendes Thema und wäre einen eigenen Blockbeitrag wert). Werden die Kinder ihres Glückes beraubt? Enthalten wir Ihnen etwas vor? Handelten bzw. handeln wir zu egoistisch?
Ich fühlte mich, als hätte ich Unrecht getan. Als hätte ich versagt. Als wäre ich ein schlechter Vater.
Nun ja, wir wussten im Vorfeld, dass die ganze Geschichte auch eine Schattenseite hat. Einige sogar. Pay the price Louis. Pay the price.
Luan hatte jedoch einen schönen Tag. Wir planschten im Pool und mein schlechtes Gefühl verflog ziemlich schnell wieder.
Am nächsten Tag wurde es wieder emotional. Tante Edina und Nene verabschiedeten sich und gingen zurück nach Deutschland. Die Pflicht rief. Tante Mela blieb uns jedoch noch ein wenig erhalten. Unser Programm blieb weiterhin bescheiden.
Wir machten am nächsten Tag einen Ausflug und flitzten mit den Rollern zum anderen Ende der Insel und schauten uns die „Old Town“ von Koh Lanta an. Eine kleine, ca. 200 Meter lange Straße direkt am Meer. Das war es. Es gab einige Kaffees, Restaurants und klassische thailändische Läden, in welchen man T-Shirts, Kleider, Magnete und diverse anderen Krimskrams kaufen konnte. Wir aßen in einem netten Restaurant direkt am Wasser. Luan spielte Pokémon Go. Es war ein schöner Ausflug. Auf dem Rückweg sind wir an einigen Affen vorbeigefahren. Vierbeinigen wohlverstanden. Wir stoppten und beobachteten Sie beim Essen. Ca. 10 Minuten vor Ankunft im Resort sind beide Kinder eingeschlafen. Das war sehr abenteuerlich, mit einem schlafenden Kind auf dem Roller zu fahren. Aber es ging irgendwie. Wir sind alle heil angekommen.
Am nächsten Tag mussten wir langsam eine Entscheidung treffen. Ziehen wir weiter oder bleiben wir noch hier? Wir entschieden uns noch eine Nacht zu bleiben. Nach langem Überlegen, wo es denn hingehen könnte, besorgten wir Boottickets nach Koh Lipe. Eine kleine, schöne Insel am untersten Ende von Thailand. Bekannt als die Malediven von Thailand. Doch Koh Lipe musste warten. Am Nachmittag ging es mir plötzlich schlecht. Ich habe mich hingelegt und versuchte ein wenig zu schlafen. Allerdings wurde es so schlimm, dass ich mich mehrere Male übergeben musste. Nicht schon wieder. Mela fuhr mich in die Klinik. Es war eine gute Entscheidung, einen Arzt aufzusuchen. Mir ging es hundeelend.
Mein Blutdruck spielte verrückt und fiel in den Keller. Ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper und das Ganze war kein Spaß mehr. Hypovolämischer Schock. Die Sache wurde ernst.
Die Ärzte fackelten nicht lange und verlegten mich aufs Festland. Als ich halbwegs stabil war, ging die Fahrt los. Zweieinhalb Stunden mit dem Krankenwagen via Autofähre nach Trang stand auf dem Programm. Zwischendurch wurde der Krankenwagen noch gewechselt. Wieso weiß ich nicht. Ich vermute, das hat mit der Bezirkszugehörigkeit zu tun.
Ich hatte mittlerweile mehr Angst, an einem Verkehrsunfall zu sterben. Ganz nach dem Motto: „Thai am Steuer ungeheuer“ bretterte der thailändische Schumacher mit Vollgas Richtung Trang.
Normalerweise habe ich damit kein Problem. Ich mag hohes Tempo und raste auch schon selbst am Steuer mit 320 Sachen über den Asphalt. Aber der Kollege hatte den Hauptpreis gewonnen. Im Krankenhaus angekommen ging das Ganze zack zack. Irgendjemand fummelte immer an mir herum. Englischsprechendes Personal war stets zur Stelle. Nicht wie sonst in Thailand. Ich wurde gut behandelt. Nach zwei Stunden waren meine Werte so weit in Ordnung, dass man mich auf eine Überwachungsstation verlegte.
Es erwartete mich ein Empfangskomitee. Fünf thailändische Schwestern zogen mich aus und kleideten mich in das nicht ganz für meine Größe ausgelegte Krankenhausgewand ein. Es fehlte nur noch, dass sie "ölt und salbt ihn" riefen.
Ich war irgendwie im falschen Film. In einem Horrorfilm, wie sich herausstellte. Sie legten mich auf die Seite und erzählten irgendetwas von einer Probe. Ehe ich mich versah, steckten Sie mir etwas Langes, Kühles in meinen Allerwertesten rein und zogen es wieder heraus. Willkommen in "Thai-ai-ai-land" dachte ich mir nur in diesem Moment. Wieso es dazu fünf Thailänderinnen bedarf, ist mir heute noch ein Rätsel. Na ja, gönnen wir den Damen mal ein bisschen Spaß. Bei den meisten Thailand Touristen läuft es wahrscheinlich eher umgekehrt ab. Aber das spielte nun auch keine Rolle, wer, wem typischerweise etwas in den Hintern schiebt. Wir verbuchen das Ganze als Lebenserfahrung und Erweiterung des Horizonts und haken es einfach ab. Die Nacht über wurde ich dauerhaft überwacht. Am nächsten Morgen verlegten Sie mich auf die Station. Ich erhielt den „International room“. Das war dann wohl mein Geburtstagsgeschenk.
Happy Birthday to me, by the way. Ein Jahr älter und an Lebenserfahrung dazu gewonnen, verbrachte ich meinen Geburtstag im Krankenhaus, dessen Standard deutlich besser war, als ich es aus Deutschland gewohnt war.
Ich handelte mit den Ärzten einen Deal aus, dass ich nur noch einen Tag blieb. Sie wollten mich eigentlich noch ein, zwei weitere Tage dabehalten. Aber die Welt war nebst dem tiefen Trauma von der analen Gruppenvergewaltigung und nebst dem, dass ich mich fühlte, als hätte mich ein LKW überfahren, wieder in Ordnung. Außerdem wollte ich zurück zu meinen Mäusen. Diese verlängerten ihren Aufenthalt auf Koh Lanta und warteten auf mich. Den Bootstransfer konnten wir glücklicherweise zweimal verschieben. Am Tag darauf ging es mit dem Speedboat nach Koh Lipe. Vom Tänzchen mit dem Sensenmann zum Urlaubsparadies schlicht hin war es nicht weit. Ein Tänzchen auf Messers Schneide sozusagen. Das ist schon verrückt im Leben. Manchmal liegen Freude und Leid, Pech und Glück sehr nah beieinander.
Sie prägen unsere Erfahrungen und unsere Sichtweise auf die Welt. Die Freude schenkt uns Glücksmomente, während uns das Leid und das Pech herausfordern, uns jedoch wachsen lassen. Meistens.
Von meiner Zeit aus dem Sport weiß ich, dass innerhalb von Sekunden alles plötzlich anders sein kann. Eine Sekunde reicht, um vollkommenes Glück und Freude zu erleben oder eben Leid und Pech zu ertragen. Eine einzige Sekunde und alles ist anders. Also lasse ich die Pest los, schüttle meine schlechten Gefühle ab und steige mit meiner Familie auf dieses Speedboot und lebe. Erlebe.
Lieber Leser, wir freuen uns über einen Kommentar. Denn deine Meinung ist uns wichtig. Ob Lob, Kritik oder sonstige Anregungen. Mit einer Reaktion trägst du zu einem lebendigen Blog bei. Lass gerne auch ein Herzchen da, wenn dir dieser Beitrag gefällt❤️
Verpasse keinen neuen Blogbeitrag und abonniere unseren Newsletter ;-)
Übrigens sind wir auch auf Social Media vertreten. Unsere Beiträge dürfen auch gerne mit Freunden und Bekannten geteilt werden.
Hey ihr Abenteuerer,
ihr nehmt auch alles auf einmal mit 😂
Schön, dass es euch besser geht!
Einfach herrlich diese Schreibweise - liest man wirklich gerne ☺️
Habt eine tolle Zeit und bleibt gesund!
Viele Grüße
Sandy, Marco & Lua 🥰
liebes buzzli
dass die spitalhemden nicht deiner grösse entsprechen, kommt mir irgendwie bekannt vor… ich wünsche euch weiterhin ganz viel spass beim entdecken der welt und bitte bleib gesund!
dicker knuddel aus adelboden, tineli
Hey hey,
Can you please keep yourselves out of hospitals! Oh and Happy Birthday Louie
Noreen
Hallo Ihr Lieben,
Toll dass Ihr Euren Blog habt und wir quasi „live“ dabei sind ☺️
War letztes Jahr in Thailand und glücklicherweise bin ich von jeglichen Magen - und Darmkrankheiten verschont geblieben 🙌🏻
Ich wünsche Euch noch eine ganz tolle Zeit und verfolge weiterhin ganz neidisch Eure Reise!
Liebste grüße aus Bremen,
Susann
Hallo Ex-Nachbarn schön geschriebene Berichte. Sehr gut das es euch allen wieder besser geht, wir hoffen ihr bleibt gesund, genießt jeden Tag und lasst es euch gut gehen. Wir lesen mit Freude eure Berichte. Grüßle aus den Schoabenland Petra und Klaus